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SPD-Fraktion will Bürgerentscheid zum Rathaus-Standort

07.10.2011 - Harald Kraus

 

Die SPD-Fraktion im Eislinger Gemeinderat will einen Bürgerentscheid über den Standort des ge-planten neuen Rathauses unterstützen. Dabei sollen sich Gemeinderat und Verwaltung durch Beschluss dazu verpflichten, das historische Gebäude der Schlossapotheke zu erhalten. Dies er-klärte der SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Ritz am Donnerstagabend beim Roten Treff der Sozialdemokraten.
Nach Ansicht der SPD-Fraktion besteht keine zwingende Notwendigkeit, das Gebäude abzureißen. Eine vernünftige Gestaltung der neuen Stadtmitte sei auch ohne einen derartigen Kahlschlag mög-lich. Ferner wollen die Sozialdemokraten, dass über den Standort des Rathauses unabhängig von dem auf viele Jahre hinaus noch nicht aktuellen Abriss der Überführungsbrücke entschieden wird. Aktuell sei eine Trassenentscheidung nicht notwendig, zumal erst die Verkehrsströme, wie sie durch die Inbetriebnahme der Osttangente neu entstehen, abgewartet und analysiert werden müssten. Dies sei auch die einhellige Meinung im Gemeinderat vor der Sommerpause gewesen.
Der Verschiebung des geplanten Standorts des Rathauses nach Süden, wie sie von den Befürwortern verlangt würde, widersprach Ritz und meinte, dass dieser vermeintlich attraktivere Standort ihn nicht überzeuge. „Wegen Investoren, die für dieses Objekt weit und breit nicht zu sehen sind, den Standort des Rathauses zu verschlechtern, ist nicht einsichtig. Vielmehr muss“, so Ritz weiter, „dem ursprüng-lichen Plan des 1. Preisträgers im Rathaus-Wettbewerb entsprochen werden.“
Ritz kritisierte, dass im Übrigen die geplanten Flächen der in dem Geschäftsgebäude vorgesehenen drei Einheiten mit ca. 180 Quadratmetern für künftige Ansprüche von Einzelhandelsbetrieben ohnehin zu klein geschnitten sind und schon allein deswegen zur Realisierung nicht attraktiv erscheinen. Es ist Ritz nach seinem Bekunden völlig unverständlich, warum Bürgermeister Heininger entgegen der einhelligen Auffassung der Fachleute in Baudezernat einen Plan verfolge, der zwar emotionale Ideen befriedigen könne, aber keine nachhaltige und sinnvolle Lösung darstelle.
Die Bürgerbeteiligung in Form des Forums hält der SPD-Fraktionsvorsitzende zwar für eine gute Sache, „es kann aber nicht sein, dass dabei eine breite Diskussion im Gemeinderat zu kurz kommt“, beanstandete Ritz. Die Entscheidung werde nach der baden-württembergischen Gemeindeordnung von den Stadträten getroffen, so Ritz. Ein Bürgerentscheid könnte, so seine Forderung, zusammen mit der Volksabstimmung zu Stuttgart 21 am 27. November durchgeführt werden.
„Der Ankauf und Abriss der Schlossapotheke würde einen Millionenbetrag kosten, im Ergebnis für die Stadtentwicklung aber rein gar nichts bringen“, befürchtet Ritz. Nur wenn der Verkaufserlös in das geplante neue Geschäftsgebäude reinvestiert würde, hätte die Stadt überhaupt einen Nutzen davon. „Hier geht es aber um eine realistische, vernünftige und nachhaltige Planung für die neue Mitte“, machte Ritz deutlich. Diesem Anspruch würden die jüngsten Pläne jedoch nicht gerecht.
In der Diskussion wurde von einem Eislinger Bürger beanstandet, dass der Stadtchef Heininger in einem Gespräch am Rande des jüngsten Stadtentwicklungs-Forums auf die Frage, was denn die beiden Trassen im Vergleich kosten würden, zu einem Bürger sinngemäß gesagt habe, „aufs Geld kommt es dabei nicht an“. Dies sei eine bedenkliche Haltung des Bürgermeisters, meinte der entrüstete Bürger. Er setzte noch eins drauf: „Ich werde den Eindruck nicht los, dass im letzten Forum nur reine Gefälligkeitsgutachten vorgestellt wurden“.
Entgegen den Medienberichten hätte sich, so mehrere Teilnehmer am Forum, keineswegs eine klare Mehrheit für die Mühlbachtrasse abgezeichnet. Auch das Ergebnis der Umfrage des Marketing-Vereins sei völlig verzerrt dargestellt worden, denn daran hätte gerade einmal die Hälfte dessen Mit-glieder teilgenommen, sodass bestenfalls ein Viertel der Eislinger Geschäftsleute für die Mühlbach-trasse votiert habe. „Hier soll suggeriert werden, dass sich alle Teilnehmer schon jetzt abgewogen und in Kenntnis aller Fakten dafür ausgesprochen haben“, kommentierte der Bürger. Immerhin, so der Fraktionschef, hätte sich der Vorsitzende des Preisgerichts, ein renommierter Fachmann, eindeutig für die Hauptstraßentrasse ausgesprochen. „Das wird aber einfach ignoriert“, bedauerte er. Ein Diskutant fragte sich, „warum eigentlich die eigenen Leute aus dem Rathaus nichts sagen durften“ und warum Fragen, die gestellt wurden, nur tendenziell zu Gunsten der Mühlbachtrasse beantwortet wurden. Die Pro-Argumente für die Hauptstraßentrasse seien in der Zusammenfasssung der Teilnehmer-Umfrage beim Forum überhaupt nicht aufgetaucht.

Millionengrab: Klare Aussagen zu Finanzierung nötig

„Zu den Kosten müssen die Karten endlich auch auf den Tisch gelegt werden“, forderte Ritz, wobei vor allem ein Vergleich zwischen den beiden Trassen notwendig sei. Nur für die Mühlbachtrasse sei bisher eine Zahl von etwa 6 Millionen Euro genannt worden. Wenn das Rathaus aber einschließlich der Außenanlagen mit 11 Millionen zu veranschlagen sei, dann trete schon die Frage auf, wie das alles eigentlich finanziert werden solle. Schließlich bestehe über die Sanierungszuschüsse auch noch keine Klarheit und keine Zusage. „Angesichts der Sachlage genügt es, wenn wir in 10 Jahren über die Trasse diskutieren und nach gründlicher Überlegung entscheiden. Eine Verknüpfung mit dem Rathaus und seinem Standort wäre eine nicht sachgemäße Vorgehensweise“, sagte Ritz weiter.
Im Ergebnis bedeute dies, so das Resümee der SPD-Fraktion, dass das Rathaus am von den Bürgern entschiedenen Standort so gebaut werden müsse, dass über beide Trassenalternativen zu gegebener Zeit befunden werden könne. Dies sähen die Entwürfe des 1. Preisträgers im Übrigen auch vor. Das nötige Geld für beide Projekte, Rathausneubau und neue Trassenführung, sei bis auf weiteres ohne-hin nicht vorhanden. Stadtrat Bruno Mörixbauer bedauerte, dass die Diskussion in der Stadt nur emotional geführt und versucht würde, mit Schreckensbildern wie „Schlucht oder tiefer Graben“ gegen die Hauptstraßentrasse zu Felde zu ziehen.
Wie beim „Roten Treff“ zu vernehmen war, wollen sich mehrere Bürgerinnen und Bürger in einer Initiative zusammen tun, die sich gegen „in Zeitpunkt und Sache“ falsche Entwicklung und Entschei-dung richten soll.